Schleichender Feind Toxoplasmose




Das Zusammenspiel von Cortison und Toxoplasmose bei Katzen


Im Sommer vor ein paar Jahren hatte ich das Gefühl, dass es unserem sehr geliebten Spirit nicht so gut ging. Ich konnte es nicht erklären, es gab keine richtigen Hinweise, Spirit fraß "normal" ... . Ich fragte meine Tochter und meinen Mann, ob ihnen etwas aufgefallen sei, bat sie immer wieder, Spritty genau im Auge zu behalten ...... Sie hielten mich für verrückt.
Auch mit meiner Tierärztin sprach ich darüber und nach einigen Wochen ging ich mit ihm in die Praxis. Spirit reagierte sehr empfindlich, ich würde sagen überempfindlich, war extrem nervös und geräuschempfindlich. Nichts zu finden. Also zog ich mit meinem Sensibelchen "beruhigt" ab, war aber alles andere als beruhigt.
Zudem hat Spirit ganz offensichtlich eine Allergie, die mal besser und mal schlechter ist. Zu diesem Zeitpunkt nieste er vermehrt und seine Nase war auch oft zu, das war deutlich zu hören. Daher trägt er auch den Spitznamen "Schuffelchen". Als ich das Gefühl hatte, er bekommt kaum mehr Luft, ging ich zu meiner Tierärztin und ließ ihm ein ganz bisschen Cortison spritzen, damit es ihm wieder besser geht.

Wir hatten Urlaub, waren Zuhause, das Wetter war schön und morgens ließ ich die Katzen alle in ihren Freilauf. Aus einem Gefühl heraus guckte ich auf die Terrasse .... Spirit lag vor der Tür auf der Matte ..... so komisch .... Dann rannte ich nur noch. Als ich bei ihm ankam, fiel mir auf, dass er einen starren Blick hatte, kaum reagierte und sich ganz eigenartig verhielt. Ich nahm ihn rein, setze ihn auf den Kratzbaum und versuchte, seine Reaktionen zu testen (Blick etc.): starrer Blick, kein Verfolgen von Spielzeug, auch sonst nur wenig Reaktion, allerdings war er extrem empfindlich, ängstlich, reagierte übermäßig auf Geräusche. Anruf in der Praxis und Info an die Tierärztin mit Angabe von mir: Verdacht auf Epilepsie, Schlaganfall, Gehirntumor, Toxoplasmose ......??????????
"Sage es nicht, ..." ... kam von unserer Tierärztin, "denn du hast meistens Recht!" Kläglich fügte ich noch hinzu: Ich will es nicht aussprechen - oder auch FIP! Es folgte ein klares und entschiedenes "NEIN". Spirit war in der Praxis außer sich. Ausgerechnet er, der immer ausgeglichen, lieb und ruhig ist. Wir nahmen ihm Blut ab und er bekam Valium und etwas Cortison. Da war es dann ganz aus.
Anruf in der neurologischen Abteilung der Tierklinik Haar und ab. Wir mussten warten, denn sie reanimierten gerade einen Hund - er hat es geschafft. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Endlich kam der Neurologe, nahm die Anamnese auf und ließ sich alles schildern, war aber auch telefonisch von meiner Tierärztin bereits informiert worden. Da Spirit Valium bekommen hatte, konnten keine neurologischen Untersuchungen mehr gemacht werden. Seine Pupillen reagierten auf Licht ..... das war schon gut. Es wurde uns empfohlen, Spritty zur Beobachtung in der Klinik zu lassen, was mir unendlich schwer fiel. Ich durfte abends um 10:00 Uhr nochmals anrufen. Wir vereinbarten zunächst zu beobachten, die Blutuntersuchungen abzuwarten und vor allen Dingen die Auswertung der Toxoplasmose-Werte zu beschleunigen. Um 22:00 Uhr erhielt ich von der diensthabenden Ärztin einen positiven Bericht, dass es Spirit recht gut ginge. Am nächsten Morgen rief ich wieder zitternd an, da ich gerne wissen wollte, wie es meinem Spritty ging und, ob ich ihn abholen könnte. Mit klarer Stimme wurde mir berichtet, dass er die Nacht gut verbracht und hoch interessiert die ganze Visite am Morgen verfolgt hatte und die Freude der Station war. Vor der Abholung erfolgte eine ausführliche neurologische Untersuchung, die unauffällig war.
Wir diskutierten über weitere Abklärungen in Form von CT, Liquoruntersuchung usw.. Das lehnte der Neurologe zunächst ab. Er hatte keinen Verdacht auf einen Gehirntumor, eine Epilepsie hielt er für unwahrscheinlich und einen Schlaganfall auch. Also blieb uns noch als Differentialdiagnose die Toxoplasmose, was ich schon fast hoffte. Der Neurologe empfahl mir, Spirit gut zu beobachten. Zuhause verhielt sich Spritty wieder ganz normal, war aber offensichtlich selig, wieder daheim zu sein. Ich wich nicht von seiner Seite.
Am folgenden Tag klingelte das Telefon und es kam die Nachricht: Toxoplasmose-Titer erhöht! Auch wenn es völlig paradox klingt, aber ich war unendlich erleichtert. Wir besprachen die Möglichkeiten und entschieden uns umgehend für die Therapie mit Sulfonamiden über mehr als 4 Wochen (Clindamycin-Hydrochlorid (z.B.CleorobeR): 25 mg/kg KGW auf 2 x tgl. 14 bis 42 Tage lang). Meine Tierärztin bestellte das Medikament und wir begannen umgehend die Therapie. Spirit war tapfer und wir hatten großes Glück, denn er vertrug das Antibiotikum sehr gut. Es ging ihm prächtig.

Ich ließ das ganze Geschehen nochmals Revue passieren und kam auf das Cortison. Natürlich stellte ich unserer Tierärztin und mir selbst die Frage, ob wir es vielleicht auch noch mit einer Cortisonallergie zu tun hätten? Dies wurde von der Hand gewiesen und dennoch war für mich klar, dass eine Cortisongabe für Spirit nur im Notfall angezeigt sein würde - mein Bauchgefühl.



Es vergingen 2 Jahre und es war - toi-toi-toi - nie wieder etwas und unserem Spritty ging es blendend, nur seine Allergie beeinträchtigte ihn weiter, nahm in meinen Augen auch zu. Von einer englischen Züchterin, die auch einen Kater mit einer Allergie hat, erfuhr ich von einer Therapie mit einem Antiallergikum (heißt hier in Deutschland Peritol 4 mg - Wirkstoff Cyproheptadin hydrochlorid), das auch bei Menschen als Appetitanreger verschrieben wird, das ihrem Kater sehr gut half. Wir erhielten diese Tabletten von ihr. Nach Rücksprache mit meiner Tierärztin versuchten wir, Spirit damit zu behandeln. Ich war sehr vorsichtig und misstrauisch und begann darum mit einer einschleichenden Dosierung. Wir befanden uns in Urlaubsvorbereitungen, was meine Katzen nicht besonders schätzen und Spirit maunzte ständig, saß irgendwo und weinte ...... Katzenjammer vor dem Urlaub. Es überkam mich ein komisches Gefühl, ich setzte die Tabletten ab, obwohl sich die Allergiezeichen besserten und wollte die Therapie nach unserem Urlaub nochmals beginnen. - Nach dem Urlaub begann das selbe Spiel: Tabletten, niedrige Dosierung ..... Spirit begann in der selben Form zu jammern, verhielt sich eigenartig und entwickelte neurologische Störungen. Nach dem ich inzwischen den Wirkstoff des Medikaments kannte, konnte ich mich entsprechend informieren ....... genau diese Symptome wurden als mögliche Nebenwirkungen beschrieben (Schläfrigkeit, Benommenheit, Koordinationsstörungen, Unruhe, Aufregung, Reizbarkeit, Muskelzucken, Schlaflosigkeit, Halluzination, Sehstörungen (was mir bei Spirit so vorkam), Schwindel, Ohrgeräusche! ABSETZEN!
Seine Allergie war schlimm, er bekam kaum noch Luft und ich rang mich dazu durch, im am Freitag ein wenig Cortison spritzen zu lassen. Samstagabend wurde Spirit unruhig, guckte wirr, hielt seinen Kopf total schief, torkelte ein wenig. Legte er sich hin, legte er den Kopf in einer sehr ausgeprägten Weise auf die eine Seite und starrte ......





Anruf in der Tierklinik, in der ich mit Spirit bei den damaligen Ausfällen bereits war, kein Neurologe zu erreichen und die Helferin wollte mir unbedingt einreden, dass meine Katze krampfen würde, unkontrolliert sei und damit alles für einen epileptischen Anfall sprechen würde. Ich war ziemlich ungehalten, legte dann irgendwann auf und rief unsere Tierärztin an. Wir trafen uns Samstagabend um 20:00 Uhr in ihrer Praxis. Spirit ging es ein wenig besser, er war sehr leicht zu irritieren, starrte immer noch ein wenig. Seine Reflexe waren unauffällig, er reagierte, krampfte nicht. Wir besprachen die weitere Vorgehensweise, nahmen ihm Blut ab und ließen dieses gleich wieder auf Toxoplasmose testen und diskutierten die umgehende Gabe von Cleorobe, da die Symptome sehr denen voon vor 2 Jahren ähnelten. Spirit bekam Cleorobe gespritzt. Am nächsten Tag ging es ihm wieder gut, keine neurologischen Ausfälle mehr usw.. Ich verschwand in meinem Büro und suchte meine Aufzeichnungen von dem letzten Anfall und fand folgende Angaben:

  • Matt mit zunehmender Allergie,
  • Verstopfte Nase durch Allergie mit Problemen beim Atmen,
  • Cortisongabe
  • Besserung der allergischen Beschwerden
  • 2 Tage nach Gabe von Cortison neurologische Störungen (siehe Anfang dieses Berichtes)

Völlig erschöpft und mitgenommen begann ich umgehend mit der Suche nach Informationen zu dem Thema Toxoplasmose, Toxoplasmose in Verbindung mit Augen und Cortison. Irgendwann wurde ich in der Humanmedizin fündig, in der eine Form der Toxoplasmose beschrieben wurde, die vornehmlich die Augen und den Sehnerv betrifft. Außerdem fand ich den sehr interessanten Hinweis und die Beschreibung, dass man vermutet, dass eine Toxoplasmose durch die Gabe von Cortison, das die Funktion des Immunsystems herabsetzt, reaktiviert werden kann. Umgehend, es war schon sehr spät, rief ich unsere Tierärztin an und besprach diese Erkenntnisse mit ihr. Sie hatte noch nie etwas davon gehört und viele andere, mit denen ich sprach, auch nicht. Auch eine Ärztin in England hatte nie etwas davon gehört.
Am Montag kam der Befund: Toxoplasmose!
Spirit hat auch diese Therapie über 4 Wochen gut vertragen und war bereits am Tag nach der ersten Cleorobe-Gabe putz munter, als wäre nichts gewesen.



Fazit

Rückblickend bekommt diese Geschichte ein ganz anderes und sehr interessantes Gesicht.
Allem Anschein nach wird Spirit mal eine symptomfreie Toxoplasmose durchgemacht haben, so wie sie häufig beschrieben wird, vielleicht auch in der Zeit, als ich ihn als etwas "schlapp" empfunden habe, aber nichts zu finden war. Natürlich setzte ihm seine Allergie zu, was wir aus eigener Erfahrung, wenn wir Allergien kennen, ja wissen und durch seinen hohen Leidensdruck erfolgte die Gabe von Cortison. Zwei Tage später traten die neurologischen Störungen auf, die eine Begleiterscheinung der offensichtlich aufgeflammten Toxoplasmose waren. Es erfolgte die Gabe von Cleorobe über 4 Wochen. Spirit ging es bereits nach der ersten Gabe von Cleorobe viel besser und alles war wieder gut.

Es folgte 2008 wieder die Gabe von Cortison bei Allergie und wieder hatte Spirit neurologische Ausfälle, die sich als Folge eines erneuten Toxoplasmose-Ausbruchs herausstellten. Schnelle Besserung nach der ersten Injektion von Cleorobe.

Damit steht für uns fest, dass die eigentlich harmlos und symptomfrei verlaufene Toxoplasmose durch die Gabe von Cortison zum Ausbruch gekommen ist, dass es bestimmt der guten Teamarbeit zu verdanken ist, den Ärzten, die so toll "mitgespielt" und vor allem auch mich als Besitzerin zu jedem Zeitpunkt sehr ernst genommen haben, dass es Spirit wieder gut geht, auch nach dem zweiten Ausbruch. Hier hat sich gezeigt, dass das Wissen eines Tierbesitzers und vor allem die genauen Dokumentationen durchaus dazu führen können, dass weit gefächert nach einer Diagnose gesucht wird und es sogar zu interessanten Erkenntnissen kommen kann.

Jetzt stellt sich die Frage, was zu tun ist, wenn Spirit wieder mal Cortison bekommen müsste. Bisher habe ich es noch mit keinem Arzt diskutiert, aber ich denke, dass man vermutlich zur Sicherheit umgehend zur Prophylaxe Cleorobe geben müsste. Ich hoffe, wir können dieses Thema lange undiskutiert lassen.

Wir haben es geschafft! Toxoplasmose mit einem positiven Ausgang und einem gesunden Schmusebären!

Ich hoffe, diese Geschichte macht ein wenig Mut und zieht ihre Kreise, da sie ja alles andere als alltäglich ist!

Spirit 2009



Hier finden Sie weitere Beiträge zu dem Thema "Toxoplasmose" und leider auch eine Geschichte, die nicht so positiv verlaufen ist:





Lieben Dank, Moni, für alle Unterstützung!




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